Sonntag, 30. Oktober 2022

erfreulich und gleichtzeitig lästig

 Der Antrag ist schon so lange her, dass ich mich schon gar nicht mehr daran erinnern kann wann wir den genau gestellt haben. 

Aber das wir dann erst 11 und dann jetzt letztlich 18 Monate auf der Warteliste stehen ist eine wirklich sehr lange Zeit. 

Wovon ich rede? 

Von der Autismusspezifischen Förderung. 

Hurra. Endlich kann sie starten....aber einen Moment bitte. Denn vorher sind noch ganz viele Hürden zu nehmen. 

Ein Annamnesegespräch klar. Schweigepflichts-Entbindungen unterschreiben. Aber sicher doch. Formular zur Datenschutz-Verordnung. Natürlich. 

Aber dann. Der unfangreiche psychologische Fragebogen. 36 Seiten. 

Arrrggg. 

Ich habe Schnappatmung, als ich das erste Mal überfliege und kann mich dunkel erinnern, "das Ding" schon zwei Mal ausgefüllt zu haben. 

Aber die Erfahrung macht es nicht leichter ,jede dieser Fragen zu beantworten. Nicht nur deswegen weil mache davon sich doppeln oder einfach nur spiegelverkehrt sind. 

Irgendwann fange ich an "siehe Seite xy" auf den Fragebogen zu schreiben, wenn ich merke, dass ich das in abgewandelter Form schon einmal beantwortet habe. 

Richtig kniffelig wird es bei geforderten Zeitangaben zur frühkindlichen Entwicklung. 

Ich weiß doch wirklich heute nicht mehr wann Nina: "frei sitzen", "greifen", "krabbeln" und "laufen" konnte....also so ungefähr na klar. Aber auf den Monat genau...und ist das schon atypisch gewesen? 

Damit verbunden sind auch viele unangenehme Gefühle, Sorgen und Erinnerungen. Ich muss den Fragebogen ein weiteres Mal weglegen und eine Pause einlegen. 

Ob die Therapeuten einen Ahnung davon haben in was für ein Wechselbad der Gefühle sie Eltern mit der Bitte um das Ausfüllen dieses Fragebogens schicken? Ein ganz klares Nein. 

Ich verdanke es meiner guten Ordnung und einer Pause zur richtigen Zeit, dass mir einfällt, dass ich eine Kopie des letzten Fragebogens aufgehoben habe und kann die letzten Lücken füllen.

Hoffentlich war das vorerst der letzte Fragebogen. 

Lohnen wird es sich und jetzt kann die Extra-Förderung losgehen. 



Samstag, 8. Oktober 2022

vor dem Spiegel

 Wir föhnen die Haare.  Im Badezimmer vor dem Spiegel. 

Ich denke so über dies und das nach. 

Mit einem Mal höre ich ein sehr deutliches "Aaaaa" von Nina. 

Ich schalte den Föhn aus und steige sofort ein. 

"O" , "I", "E" , "U". "L", "B" und "T". 

Ich gebe ihr die einzelnen Buchstaben vor und sie wiederholt. 

Ich kann es kaum glauben. Ein Buchstabe ging - aber der schnelle Wechsel von einem Buchstaben zum nächsten ist ihr bisher nie möglich gewesen. 

Es sah auch immer so aus als ob Nina Schwierigkeiten hätte auf ihre Stimme zugreifen zu können. 

Jetzt scheint sie den Zugang dazu gefunden zu haben. 

Wenig später gelingt es mir ein kleines Video davon zu machen und es ihrer Logopädin zu schicken. 

Diese hat unermüdlich über Monate immer und immer wieder Buchstaben mit Mundbild, mit dem spüren wie sich die Stimme wo in der Kehle anfühlt und mit einer Kombination aus Buchstabe, Laut und Bewegung mit ihr gearbeitet. 

"Ich fall gleich vom Hocker" war die Antwort und genauso fühlte und fühlt sich das für uns an. 

Das ist nicht nur ein Mikro-Schritt. 

Aber ein bemerkenswerter. 

Freitag, 23. September 2022

öffnen, abschnallen und abnehmen

 Nina kichert. 

Ich  höre ein klicken und muss mit dem Tandem eine Vollbremsung machen. 

Just in der Sekunde, in der ich meinen Blick habe schweifen lassen, nutzt sie um den Verschluss ihres Fahrradhelms zu lösen und sofort den Verschluss des Gurtes am Fahrrad zu öffnen. 

Bei voller Fahrt selbstverständlich. 

Nach meiner Vollbremsung komplementiere ich sie vom Tandem und wir gehen ein Weilchen zu Fuß. 

Denn aus Erfahrung weiß ich: ist sie in ihrer "Kicherstimmung", nutzt weder schimpfen noch ein trauriger Kommentar oder das Erklären, dass das so nicht ok ist. 

Also schweige ich und wir gehen eine Weile neben dem Tandem her. 

Sie kommuniziert mir mit Gesten und Geräuschen, dass sie will wieder drauf und weiterfahren will -  logisch sie liebt es ja. 

Trotzdem muss sie noch einige Meter weitergehen. 

Ihr etwas vorenthalten, was sie gerne mag, ist das Einzige was bei unerwünschtem Verhalten hilft. 

Es klingt so abgeklälrt, während ich das jetzt schreibe - natürlich habe ich vor diesem gelungenen Versuch erst einmal ordentlich und lautstark geschimpft, viele Worte darüber verloren  und war megasauer. 

Funktionierte nicht. 

Zu Fuß gehen aber, wenn sie aufs Tandem will aber schon. 

Wir fahren weiter und kommen zu Hause an, ohne das Helm oder Verschluss ein weiteres Mal während der Fahrt geöffnet werden. 

Die Situation mir zu zeigen, dass sie es kann, war zwar nicht gut gewählt - bin aber trotzdem insgeheim stolz, dass Nina diese Verschlüsse öffnen kann. 

 

Strandkorb und Qualle nicht

 Den ganzen Sommer über haben wir die Strandtasche gepackt. 

Nicht nur beim Urlaub am Meer, sondern vor allem beim Lernen. 

Durch das Stöbern auf der Metacom Website, bin ich im Download Bereich auf diese geniale Aufgabe gestoßen. "Ich packe meine Strandtasche"...so heißt die Aufgabe. 

Wie üblich war der erste Durchgang schwierig. 

Mittlerweile aber ist es  Ninas Lieblingsaufgabe und ich sehe uns noch im Januar bei jeder Lerneinheit die Strandtasche packen. 

Aber das nehme ich mit Humor. Schließlich habe ich auch schon ein paar Jahre noch zu Ostern Weihnachtslieder gesungen. 

Der wunderbare Nebeneffekt ist, dass Nina jetzt die Taste "nicht" auf ihrem Talker mehr benutzt und auch weiß das "nicht" und "kein" / "keine"  eine ähnliche Bedeutung haben. 

Diese Erkenntnis ist sehr viel wert und sehr hilfreich im Alltag. 

Was für ein wunderbarer Nebeneffekt. 

Dienstag, 20. September 2022

Energie

 Heute Vormittag hatte ich ein wunderbares Treffen mit anderen Mamas von autistischen Kindern. 

Es war eines jener Treffen, die mir viel Energie geben. 

Das ist nicht immer so, denn oft ist bei nahezu jeder Familie die Anzahl an "Baustellen" so riesig, dass wir es gerade einmal schaffen uns gegenseitig auf den neuesten Stand zu bringen und jeweils dem anderen den Raum zu geben zu erzählen was gerade los ist.....auch in einem selbst. Das kann sehr traurig machen. 

Nicht so heute. Heute war es leicht und lustig - wie ein Sommerabend. 

Natürlich waren auch die Kinder Thema, aber wir waren in so positiver Stimmung, das wir geplant und überlegt haben, was wir demnächst Unternehmen und organisieren wollen. 

Ich wünsche mir mehr davon. 

Warum nicht schon früher?

 In den letzten Tagen stelle ich mir sehr oft diese Frage. 

Was hätte ich für Zeit und Nerven gespart, wenn ich die "Dinger" einfach früher getauscht hätte. 

Wovon ich rede? Von den wunderbaren Aerosolerzeugern für den Pari e-flow-rapid. 

Was war das vor dem Tausch der wirklich, wirklich abgenutzten Aerosolerzeuger für ein Gerödele.

 Immer auf die Uhr gucken, denken : "Warum dauert der Mist so lange?" oder "kommt da überhaupt Nebel raus???" "Grxxx....schnaub...muss ich wohl doch mal reinigen" ....tja und wenn dann nach der Reinigung immer noch dasselbe Theater ist.

Jetzt sind sie neu und glänzen nicht nur prächtig, sondern Vernebeln wie nix und sehr früh hört man einen lieblichen Piepton, der anzeigt : "Inhalation fertig". 

Nina zufrieden. 

Ich zufrieden. 


Warum nicht schon früher?

Montag, 5. September 2022

deine Wäsche, meine Wäsche

 Zur Kindergartenzeit habe ich angefangen und die Fächer von Ninas Kleiderschrank mit Bildern beklebt und dann zu üben, wo sie Socken, Unterwäsche, Nachthemden und Oberteile findet.

Das war, wie immer, sehr kleinteilig. 

Gemeinsam überlegen was das für ein Wäschestück ist, das Fach suchen und reinlegen. Alles in Kleinarbeit und sehr zeit intensiv. 

Diese Investition hat sich mehr als gelohnt. 

Nicht nur das Nina sich selbstständig ihre Anziehsachen holen kann oder sich umziehen kann, wenn sie möchte. 

Das Sahnehäubchen ist, dass sie mittlerweile sogar wahrnimmt, wenn im Wohnzimmer im Wäschekorb ihre gefalteten Sachen liegen, sie ihn sich schnappt und ganz eigenständig ihre saubere Wäsche in den Schrank räumt. 

Der Wahnsinn. 

Ok, hin und wieder, in ihren Kobold-Momenten kramt sie dann schon mal alle Socken raus und ordnet sie neu oder aber sie räumt ihre T-Shirts in meinen Schrank. 

Aber sie räumt auch wieder alles zurück. 

Wunderbar. 

Samstag, 3. September 2022

eine ganz andere Nummer

 Zugegeben: wir haben in den Sommerferien zwei Touren zum neuen Schulbebäude gemacht. 

Einmal habe ich mit Nina eine Fahrradtour gemacht und einmal ist sie mit ihrem Papa zum neuen Schulbegäude gefahren. 

Auch das von mir erwartete Theater am ersten Schultag - schon beim anderen Schulweg blieb aus. 

Das hat Nina toll gemacht. 

Ich muss das so betonen, weil die beschauliche Ankunft am Grundschulgebäude: 4 Klassen, 4 Schulbusse und wir mit dem Tandem an der Seite...ab diesem Schuljahr ein bisschen anders ist. 

Durch den vorzeitigen Standortwechsel sind es jetzt von Klasse 4 bis Klasse 11 eine ganze Reihe mehr Schülerinnen und Schüler und Busse. 

Es gleicht einem Bienenstock. 

Für mich ist es noch frisch und neu und ungewohnt. 

Aber irgendwie hat Nina nicht nur die Ruhe weg, sonder sie ist unfassbar gut gelaunt. 

Das da in ihrer Entwicklung noch mal etwas passiert ist, war schon in den Sommerferien absehbar.

Wir probieren etwas neues? Ok. Ich schau mal was passiert. 

Gelassenheit hat Einzug erhalten. Ich habe keine Ahnung wie lange das dauert, aber ich werde es genießen. 

Donnerstag, 1. September 2022

90 %

Sechs Monate gehen sehr schnell ins Land. 

Schon sitzen wir wieder im Wartezimmer der Augenarztpraxis. 

Die Begrüßung zwischen der Orthopistin und Nina ist sehr herzlich. 

Nina setzt sich alleine auf den Untersuchungsstuhl. Prima.


Dann allerdings muss ich eingreifen, denn Nina versteht nicht was sie mit dem Holz-E tun soll.        

 Es klingt einfach, wenn gesagt wird: "Dreh den Buchstaben mal so, dass er so aussieht wie auf der Wand". 

Gemeint ist die Projektion des Buchstabens E, der so gedreht werden kann, das er je nach links, nach rechts, nach oben oder nach unten geöffnet ist.    
 
 Aber wir sind vorbereitet und haben auf Ninas Talker vier Tasten mit je einem geöffneten E nach links, rechts oben und unten hinterlegt. 

 Nach einer kurzen verbalen Anweisung meinerseits weiß Nina was zu tun ist und kann auch bei kleiner werdenden unterschiedlich geöffnetem "E" alles richtig beantworten. "90 % hat sie korrekt beantwortet" kriege ich danach als Resultat. 


Mein breites Grinsen kann man wahrscheinlich bis zum Stadtrand sehen.  

Donnerstag, 16. Juni 2022

zwei von drei Affen

 Es gibt ja dieses bekannte Bild von den drei Affen: einer der sich die Augen zuhält, der andere die Ohren und der dritte den Mund. 

Nina schafft es zwei von den drei Affen in einem zu geben, indem sie sich jeweils die Daumen in die Ohren  steckt und dann mit den Zeigefingern die Augenlider zuhält. 

Sieht fies aus, so jedenfalls eine ihrer Lehrerinnen. 

Zu Hause kommt es immer dann zum Einsatz, wenn etwas in ihrem Ablauf nicht stimmt. 

Also ihr Ablauf in ihrem Kopf. 

Wenn beispielsweise eine Reihenfolge nicht genauso läuft wie die anderen Tage davor. 

Oder wenn sich Papa heute am Nachmittag aufs Sofa setzt wo er doch sonst zu der Zeit immer im Büro war. Also zu diesem Zeitpunkt am Tag. 

Ich kann es ganz gut auflösen, indem ich sie an den Ellenbogen fasse und vorsichtig, aber mit Nachdruck die Finger aus den Ohren ziehe und sagen "bitte nimm die Finger aus den Augen und Ohren, ich möchte das nicht" - ....und dann mit ihr über die Situation spricht. Funktioniert gut. 

Das es in der Schule auch vorkommt, war mir nur am Rande klar. 

Durch die Schulbegleitung hat man dann aber einen direkten Draht  und erfährt beim Abholen, dass dieser Teil ihres Verhaltes als problematisch angesehen wird. 

Ein Supervisor / Coach / Experte meint dazu, dass Nina sich Augen und Ohren zuhält, weil sie sich überfordert fühlt. 

Hmm, ich neige da etwas zur Skepsis. 

Natürlich bin ich nicht dabei und sicher kann es hin und wieder sicher ein Zeichen von Überforderung sein - aber ausschließlich? Definitiv nein. 

Denn Nina ist in ihrer Einzigartigkeit alles andere als dumm und sollte sie gelernt haben, wenn sie sich Augen und Ohren zuhält, sie in Ruhe gelassen wird - dann hat das ganze den Effekt das sie eine Methode gefunden hat um ihren Dickkopf durchzusetzen. 

Eine Gratwanderung, weil von Mal zu Mal geschaut werden muss woran es denn liegt.

  

Von der Bestrafung zur Belohnung

Ich hatte mich ein bisschen zu früh gefreut. 

Aber das habe ich nicht ahnen können. 

Ich war nur froh etwas gefunden zu haben, das Nina davon abhält, ihre Finger so viel zu kratzen das die Nagelhäute blutig werden. 

"Wenn du noch mal kratzt gibt es ein Pflaster" - und nach der Drohung gab es ein Pflaster und das kratzen hörte auf. 

Sehr cool. 

Sie kratzt wirklich nicht mehr. Das ist schön. 

Bedauerlichweise ist das Bestrafungspflaster jetzt zu einem Belohnungspflaster geworden und jetzt möchte sie oft eines haben - und es bleibt lange dran. 

So lange das die Finger schrumpelig werden, unser Apotheker fragt, was sie denn gemacht hat und die Schulbegleitung fragt ob die Wunde denn verheilt ist .

Jetzt muss ich mir überlegen wie ich das wieder ausschleichen lasse. 

Aber es gibt Schlimmeres und bis dahin einen großen Vorrat an Pflastern im Schrank. 

Krokodil, große Pizza, A und die erste Bahn

 Nach langer Zeit, Corona-Pause, sind wir endlich wieder beim Schwimmkurs. 

Hurra. 

Viele der Übungen, die dort liebevoll angeleitet werden, sind Nina sehr vertraut und die Wiederholung trägt viel dazu bei, dass es verinnerlicht wird. 

Wie ein Krokodil auf den Händen auf den Treppenstufen im Wasser entlangzugehen, die Arme nach vorne ausstrecken und wie bei einer großen Pizza im Bogen wieder zum Körper zurück zu führen und die Beine in mehreren kleinen Schritten wie ein A bewegen. 

Die Armbewegungen gingen in der letzten Woche dann so gut, dass Nina zum Ende der Schwimmstunde, vor der Spielzeit mit der Trainerin und einem Schwimmgürtel umgeschnallt ins Schwimmerbecken gegangen ist. 

Eine Bahn hin und zurück hat sie sich mit einer halben Hand an der Trainerin durchs Becken bewegt. 

Ich war unglaublich stolz und bin auch Tage danach bei der Erinnerung daran ein bisschen geschwebt. 

Wir können uns auf weitere Stunden freuen. 

Kreon knurpsen und größere Kapseln

 Nina ist so viel flexibler geworden in wirklich zahlreichen Situationen. 

Die kleineren Kreon Kapseln sind nie ein Problem und am Wochenende beim Mittagessen kochen muss ich sogar aufpassen, dass sie die nicht wie Bon-Bons weghapst. 

Beim anderen Essen wird das Kreon Granulat regelmäßig durchgeknuspert was dazu geführt hat, das wir die Dosis, in ärztlicher Absprache, etwas hochgesetzt haben, damit noch genug im Körper ankommt. Funktioniert gut. Aber abgewöhnen lässt es sich nicht. 

Dann also umschwenken auf Kapseln. Ja gute Idee. 

Nicht so gut war meine Idee gleich eine größere Kapsel zu geben, damit sie eben nur eine und nicht mehrere Kapseln nehmen muss. 

Ist ziemlich nach hinten losgegangen, denn die größere Kapsel kam sofort wieder hoch.Sie kann es noch....gewollt ein wenig Nahrung hochwürgen.  

Dabei hatte ich noch Glück das es nur die große Kapsel war und nicht zusätzlich noch die vorher eingenommenen orangen Tabletten. Das wäre wirklich wirklich blöd gewesen. 

Durchatmen, aufwischen, weitermachen und mich wieder daran erinnern, dass die Schritte die wir vorwärts machen wirklich mikroskopisch klein sind. 

Wenn etwas nicht sofort funktioniert, dann liegt es oft an mir, die leider wieder mit 200 km/h auf der Autobahn unterwegs war, während Nina noch nicht ins Auto eingestiegen war. 

Kann also nicht funktionieren. 

Muss mich ihrem Tempo anpassen. 

Prostest, Provokation und....

Pippi. 

Jeep, fängt alles mit P und ist nicht nur eine etwas schräge Alliteration sondern mein Versuch ein Thema klar zu kriegen, bei dem ich momentan mit meinem Latein am Ende bin. 

Nina ist schon lange trocken und kann wirklich sehr lange einhalten. Lange Autofahrten, Ausflüge und natürlich über Nacht.  Alles kein Problem. 

Aber in den letzten Wochen haben wir zu Hause immer in einem bestimmten Zeitfenster Toilettenunfälle. 

Ich habe so ziemlich alles versucht was mir eingefallen ist. 

Lieb drauf hinweisen dass das nicht ok ist. 
Ihr sagen, dass sie das doch schon kann. 
Es ignoriert. 
Ein bisschen geschimpft. 
Ordentlich geschimpft. 
Unglaublich oft mit ihr das Badezimmer aufgesucht. 

Eine Weile lang geht es gut. 

Dann kommt es wieder vor. 

Ab und zu denke ich es ist zu viel Leerlauf. 

Oder Langeweile?

Oder Provokation?

Oder Protest? 

Wenn Sie doch nur antworten könnte. 

Aber Wunschdenken hilft nicht weiter. 

Nur Geduld, jede Menge Wechselwäsche, eine funktionierende Waschmaschine sowie die Möglichkeit hin und wieder darüber zu motzen und natürlich eine Umarmung. 

Dienstag, 3. Mai 2022

Wie ein Sechser im Lotto

 Im Juni des vergangenen Jahres haben wir den Antrag gestellt. 

Das Ausfüllen der Formulare und der bürokratische Aufwand waren schnell abgehakt. 

Dann allerdings folgte eine wirklich ätzende Zeit, in der mir unter anderem gesagt wurde "ich kann mir gar nicht vorstellen, das Nina zu ihrer Grundschulzeit noch mal eine Schulbegleitung bekommt es gibt niemanden" - auf diese Aussage hätte ich echt verzichten können. 

Wir meldeten uns beim von der Schule bevorzugten Anbieter und versuchten in Eigeninitiative jemanden zu finden. 

Beides war frustrierend ergebnislos. 

Auch hier braucht man einen langen Atem und darf nicht sofort ein Ergebnis erwarten. 

Ich blieb dran und meldete Nina schließlich bei insgesamt acht Anbietern an. 

Bei einem Anbieter kam dann der entscheidende Hinweis: "sich immer wieder in Erinnerung bringen".

Obwohl ich so was ätzend finde, blieb ich dran und rief pünktlich wie ein Uhrwerk immer wieder  an um nachzufragen ob es etwas neues gibt. 

In den Osterferien war es dann soweit. Jemand war frei geworden. Wir haben uns kennengelernt und es passte. 

Eine qualifizierte, erfahrene und nette Schulbegleitung hat Nina nun an ihrer Seite. 

Sie ist eine gute Beobachterin und wirklich ein großer Gewinn...eben wie ein Sechser im Lotto. 

Da haben wir wirklich Glück gehabt. 

Socken anziehen Papa hilf

Der Wortschatz auf Ninas Talker wächst und wächst. 

In den letzten Wochen gab es einige Wort-Aneinanderreihungen. 

Erst viel mit "Ich möchte....x" dann kamen Wortketten ,die anzeigten was als nächstes passiert. 

Immer öfter drückt sie auch jetzt die Tasten "Ich habe Hunger", "Ich habe Durst". 

Die erste Kombination "Ich möchte mehr Haferfleks" war total gut. 

Vor einigen Tagen hat sie jetzt den Satz "Socken anziehen, Papa, hilf!" zusammengesetzt und wollte auch eben dieses.

 Das ganze wurde begleitet von einem Lachen und wir haben gemerkt, dass es ihr unendlichen Genuss bringt, wenn sie sich so auf diese Weise ausdrücken kann. 

Aber nicht nur ihr, sondern auch uns. 

Diese Art der unterstützten Kommunikation ist ein enorme Bereicherung für uns und wir sind sehr gespannt wo die Reise hingeht. 

Pusteflieder

Ich liebe es jeden Frühling wieder den wunderbaren Duft von Flieder aufzunehmen. 

Nein - ich muss meine Nase tief hineinstecken und den Duft aufsaugen. 

So auch beim Spaziergang am letzten Wochenende. 

Natürlich möchte ich, dass Nina das auch erlebt. Mit einem "Nina komm mal her" rufe ich sie - sehe aber an ihrem verträumten Blick, dass sie gerade ganz wo anders ist. 

Ich will es trotzdem versuchen, führe sie an den Flieder und sage sehr enthusiastisch "riech mal". 

Als Reaktion kommt, das Nina wie ein Weltmeister pustet. In den Flieder. 

Mein Mann und ich müssen beide sehr lachen, denn unmittelbar vor meinem Flieder-Flash haben wir ein Stückchen weiter vorne am Weg Pusteblumen gepustet. Sehr erfolgreich. 

Vermutlich rührte der nachdenkliche Blick von Nina daher, dass sie noch bei den Pusteblumen war....

Wir gehen weiter und mein Mann sagt schmunzelnd "Pusteflieder" - ja genau. Nur ohne die kleinen fliegenden Samen aber mit ganz viel guter Laune. 


Freitag, 8. April 2022

Milchboot mit Streuseln

 Alle Vorbereitung war irgendwie für die Katz. 

Alles Üben im Vorfeld mit Zuckerperlen, Tick-Tacks und sonstigen Bon-Bons....hat am Ende nicht so funktioniert, wie in meinem Kopf. Tabletten schlucken üben war das Übungsfeld. 

Jetzt war es ernst geworden - die Tabletten für das wichtige Medikament mussten geschluckt werden.

Ich bin  beim ersten Versuch unfassbar ruhig geblieben, auch als die Tablette schnell wieder auf dem Tisch landete - gefolgt von einem Schwall Wasser. Die orange Farbschicht auf der Tablette war weg. Ein "doch das muss jetzt" war nicht von Erfolg gekrönt. 

Gut, dachte ich bei mir, dann eben anders. 

Nutrini auf den Löffel, Tablette drauf und Kreon-Granulat drüber. "So, ein Milchboot mit Streuseln - und runter damit" sagte ich laut zu mir selbst und zu Nina in lockerem Tonfall und oh Wunder der Mund ging auf und die Tablette war weggeschluckt....so schnell das ich mein Glück kaum fassen konnte. Auch die zweite, so wichtige, Tablette schluckte Nina ohne mit der Wimper zu zucken. 

Ein bisschen aufatmen.

 Ob das abends auch so gehen kann?

 Und dann Morgen früh und Morgen am Abend wieder? 

Es kann. 

Schneller als ich je mir habe vorstellen können, ist das Tabletten nehmen in Ninas  Rituale aufgenommen und sie sucht sich morgens und abends selbst die Packung und stellt sie bereit. 

Wobei ich weiß, dass das Einnehmen der Tabletten mit Nutrini möglich ist uns da schon ein großes Tor aufgestoßen hat, wer weiß was sonst geschehen wäre. 

Aber auch Ninas Reife gewisse Dinge schneller zu integrieren hat da seinen Beitrag zu geleistet. 

In dieser Hinsicht hat Nina ein paar Mikroschritte in einem hingelegt. 

Unfassbar wurndervoll. 



Donnerstag, 17. März 2022

Schweiß und Tränen

 Nina schaut ganz gebannt zu, wie ihr die Krankenschwester Elektroden an den Oberarm anbringt und wenig später das Plastikschälchen und den Verband. 

Sie weiß nicht warum ich sie im Anschluss drinnen mit Pulli, meiner Jacke und drei um den Arm gewickelten Schals für drinnen extrem warm anziehe. 

Für irgendwas wird es gut sein - und Mama hat ja auch den Time Timer gestellt...auf eine halbe Stunde. Langweilig, aber sie hält es aus. Danach darf sie endlich an das mitgebrachte Picknick. 

Auch die wenig später anstehende Blutabnahme hält Nina, in der Mitte von Mama und Papa sitzend, gut aus. UNFASSBAR STOLZ sind wir auf Nina. 

Alles keine große Sache. 

Viel viel größer war heute früh der Widerstand, als ich etwas neues in den morgendlichen Ablauf bringen wollte. Da hat sie extrem viel geweint und sich beschwert. Wobei? Beim Gesicht waschen. 

Nicht etwa weil sie Wasser blöd findet - nein einfach nur mal wieder: ein neuer Ablauf. 

War doch sonst morgens nicht so und gedanklich war Nina vermutlich schon zwei oder mehr Schritte weiter.

Ich wundere mich nicht mehr. 

Ich denke ein paar Tage in die Zukunft, werde das "Gesicht waschen" jetzt täglich einbauen und in der kommenden Woche wird sie es in ihren Ablauf integriert haben. 

Ich werde zusätzlich noch "ein neues Wort" auf den Talker packen. "Gesicht waschen" - dann gibt es keine Tränen mehr. 

Mittwoch, 2. März 2022

Kratzen, Spucke, schrubbeln

 Es gibt Zeiten, da treten TIcks und oder Überspungshandlungen so geballt auf, dass ich gar nicht weiß was ich zuerst korrigieren, unterbinden oder aber mit Gelassenheit nehmen soll, damit es sich nicht verstärkt. 

Nach der schweren und schwierigen Zeit die wir als Familie erlebt haben, hat Nina gerade drei echt auffällige Angewohnheiten. 

1) sie "kratzt" mit der linken Hand über alle möglichen Oberflächen

2) sie sammelt Spucke im Mund

3) die schrubbelt kurz über ihr linkes Ohr.


Punkt drei nervt nur wenn es so oft hintereinander geschieht dass das Ohr sich rötet. Ist irgendwie ein wenig charmant und kann ich gut aushalten. 

Das Sammeln der Spucke im Mund finde ich grenzwertig, wenn sie es ins Glas zurücklaufen lässt und sie die Beschäftigung mit ihrer Spucke so ablenkt, dass z. B. Hausaufgaben machen nicht mehr möglich ist. Hin und wieder schicke ich sie ausspucken (ins Waschbecken natürlich) wir gehen mal außer der Reihe Zähne putzten, dann kann gleich geübt werden mit dem Zahnputzbecher den Mund auszuspülen. 

Richtig, richtig nerven tut mich das "kratzen" mit der Hand über die Oberflächen. Das tut sie so exzessiv, das sich an den Fingern schon kleine Schwielen bilden und wir extra eincremen müssen. 

In der Schule sind diese Eigenheiten kein Thema. Auch der Logopädin ist da nichts aufgefallen - allerdings meinte diese dann zu mir, damit verarbeitet Nina bestimmt auf ihre Weise was alles passiert ist. 

Das möchte ich sehr gerne glauben. 

Ich erinnere mich oft daran, wenn ich gerade mal wieder ein bisschen zu heftig auf das letzte Kratzen reagiert habe. 

Sie kann gerade nicht anders. Und: auch diese TIcks werden nur ein Zeitfenster haben. 


 

Masken süchtig

 "Wir Erwachsenen sind ja froh, wenn wir die Maske abnehmen können".... - ich bin mir nicht mehr sicher, wer diesen Satz zu mir gesagt hat. 

Eine Lehrerin von Nina? Eine Therapeutin? Ich weiß es nicht mehr. 

Aber die Reaktion kam aufgrund meine Erzählung, dass Nina auch gerne mal zu Hause mit der FFP 2 Maske durch die Wohnung läuft. 

Teilweise, weil sie dann spielt sie würde Straßenbahn fahren oder auch in der Schule sitzen - was man am Stuhlkreis den sie dann aufbaut gut ablesen kann. 

Hin und wieder ist es auch ein "ich ärgere meine Eltern," die dann fragen warum denn schon wieder die Maske auf ist. 

Bei den Mahlzeiten sieht sie es ein - etwas hinderlich mit Mundschutz. 

Bei der Logopädie ist es ab und zu auch ein Schutz vor den an dem Tag nicht gewollten Übungen zur Oralmothorik. 

Das Suchtpotential ist aber erkennbar, wenn das Töchterchen unbekleidet in der Badewanne sitzt - mal abgesehen vom Mundschutz. 

Was tun? Schimpfen. Nö. 

Die Abgabe der Maske fordern und nach dem Schließen der Tür dann den Lachanfall bekommen der im Badezimmer das ganze nur verstärkt hatte. 



Donnerstag, 10. Februar 2022

Gemüsekonfetti

 Als Nina die Nudeln mit Tomatensoße aus dem Speiseplan strich, den Spinat und den Apfel hineinnahm da hatte ich einen neuen Schub für "mal wieder was neues probieren". Neue Geschmäcker und Konsistenzen. 

Aber ich bremste mich innerlich und sagte mir selbst  in Bühnenlautstärke: "nur winzige Portionen" und "nicht übertreiben". 

Die Probierhäppchen waren dann wirklich klein. Winzig, Kaum zu sehen. 

Aber ja die mickrigen organgen, roten und grünen Fitzel auf dem Brett sind meine neue Strategie beim gewöhnen an Rohkost. Gemüsekonfetti. Sooooo klein. 

Es funktionierte. Möhre ging, rote Paprika ging und sogar Kohlrabi sofern klein genug. Nicht funktioniert hat die Gurke - vermutlich weil zu groß und zu viel vom schlabberig-weichem Inhalt. Nun gut. Also nur Gurke eher vom Rand. 

Ein anderes Mal ging Bratreis und Nudeln in anderer Form von meinem Teller, eine winzige Portion Pflaumengrütze (ohne Stückchen selbstverständlich) - beim Bircher Müsli war die Toleranz allerdings vorbei, sowas körniges "Bäh" da hätte Nina sich fast übergeben. 

Für mich mal wieder ein Zeichen zu viel in zu kurzer Zeit gewollt zu haben. 

Dieses Thema ist jedenfalls nichts für einen Sprint. 

Aber Langstrecke und Durchhalten liegt mir eh mehr. Also meistens. 

In der Zwischenzeit kann man sich ja mit Konfetti aller Art stärken. 

"Ich brauche ein neues Wort"

 "Ich brauche ein neues Wort" - egal ob Nina diese Taste versehentlich oder absichtlich gedrückt hat, ja denke ich, ja du brauchst definitiv ein neues Wort. Eines reicht bei weitem nicht. 

Die Nutzung des Talkers hat extrem an Fahrt aufgenommen.

Nicht nur daheim, nein auch in der Schule lässt sie es immer mehr zu. 

Der Wortschatz wird nicht nur gefühlt täglich großer. 

Einerseits durch ganz praktische "Tasten" wie:

Keller, Briefkasten, Mülltonne, Straßenlaterne an, Straßenlaterne aus, Jalousie - oben, Jalousie unten.

Für die Hausaufgaben brauchen wir dann plötzlich den Pirat und den Drachen und ich muss kreativ überlegen wo ich die einordne. 

Ein wunderbarer Moment war als sie das erste Mal einen Satz mit "Ich möchte" begann. Auch wenn "Ich möchte Kröpke" in einer Schulwoche um 20 h abends nicht mehr erfüllbar ist. 

Großartig war auch als Nina verstand das "geschlossen" gleichbedeutend ist mit "zu" und leider leider die Apotheke am Sonntag nun mal zu hat.  

Oder wenn sie  Nachmittags sagt:"Haferflecks" "Fernseher" und ich antworte, ja klar können wir Haferflecks vor dem Fernseher essen und dabei auf dem Sofa sitzen - sie mich anschaut, grinst und dann "Sofa" drückt. 

Nachvollziehen kann ich auch, wenn sie mit dem Aufzählen einer Wortreihe auflistet was nacheinander gemacht wird. Ich kann in der Aufzählung: "Duschen" "Anziehen" "Inhalieren" "Frühstück" "Vogel" "Apotheke" - alles soweit nachvollziehen ...nur leider nicht weiß ich nicht von welchem Vogel sie spricht. 

Schön ist auch die Wortreihe: "Tablet" "Steffi" "Lilli" "Talker" "spielen" - denn damit hat sie erzählt, dass wir Besuch von Steffi und Lilli hatten und mit dem Tablet gespielt wurde sowie die beiden Damen auf dem Talker zu finden sind. 

Einen Riesenspaß hat sie auch am ausprobieren und zuhören, wenn sie  den Talker drei Mal das Wort "zu"oder "Drogerie" sagen zu lässt und sich dabei einen giggelt. Hören und probieren. 

Probieren ist es auch wenn sie alle Klassenkameraden aufzählt, aneinandergereiht mit "und". 

Aber am schönsten war in den letzten Wochen "Papa" "zu Hause". Ja genau das hat Nina "erzählt "als ich sie nach der Schule abholte und ich sagte jetzt gehen wir nach Hause. "Papa" zu Hause" - und wir gingen einen Schritt schneller. 


Sonntag, 30. Januar 2022

Zwei Monate

Zwei Monate lange konnte ich nicht schreiben. 

Nicht nur weil ich zu beschäftigt war, nein mir fehlten die Worte vor Traurigkeit und Angst. 

Zwei Monate war ich mit Nina in einer Mädels-WG, denn Ninas Papa war diese lange Zeit im Krankenhaus. 

Wie erklärt man einem Kind ohne Sprache warum der Papa gerade und auch die nächsten Wochen nicht wiederkommt? Wie kann man ihr eine schöne Zeit machen wenn man selbst fast keine Luft mehr bekommt?Wie weiter machen? Wie?

Ich kann kaum erklären wie ich es, wie wir es geschafft haben. 

In erster Linie habe ich Halt erfahren, durch die vielen Telefonate mit einer Handvoll Freunden die für mich da waren und bei denen ich auch einfach mal weinen konnte. Meine Dankbarkeit dafür ist enorm groß!!!!!!!!

Darüber hinaus haben Nina und ich gut im Team funktioniert und wir haben jeden Tag nacheinander in Angriff genommen, mit neuen Routinen zu zweit und vielen Kleinigkeiten die uns gut getan haben. 

Heute ist Ninas Papa wieder daheim und wir genießen seit November (!!) das erste Wochenende zu dritt zu Hause als Familie. 

Alles dazwischen ist unfassbar schwer, da möchte ich noch nicht so genau hinfühlen. 

Muss ich im Moment auch nicht. 

Im Moment bleibe ich beim heute. Atme weiter und gehe mit meiner Familie in Mikro-Schritten voran. 

Wieder einmal. 

Immer wieder.