Mittwoch, 29. Juli 2020

gelb-grün, gelb-blau, blau-rot...oder doch ganz anders?

Bei der Auswahl unserer drei Luftschlangenteile für die Atemübungen zwischen den beiden Inhalationen gab es in der letzten Zeit etwas Stress. 

Nina hat da ja schon ihren eigenen Kopf und möchte ihre eigene Wahl treffen, kann aber leider von ihren Fingerfertigkeiten her nicht so einfach die zwei Farben von der Luftschlangenrolle die sie möchte abtrennen. 

An einem Morgen dachte ich, jetzt hab ich ihn entschlüsselt. Den Farbcode: einmal gelb-grün, einmal gelb-blau und einmal blau-rot und sie zockelte mit ihrer Beute zufrieden ab. 

Aber am Abend war die gewollte Farbkombination wieder eine andere. Tags darauf wieder. Der Berg der Ausschussware wuchs und so langsam war schwer in dem Berg der nicht gewollten Abschnitte noch intakte Luftschlange zu finden. 

Die Lösung kam mal wieder nebenbei. Wir haben kleine Abschnitte der möglichen Farbkombinationen abgetrennt und foliiert. Jetzt gibt es vier Karten der möglichen Kombinationen, ein stressfreies Aussuchen und sehr viel weniger ungenutzte Reste. 

Nina gibt diese Methode ein Gefühl von Selbstbestimmtheit und uns Ruhe. Einfach, aber effektiv. 

Sonntag, 26. Juli 2020

Ganz viele Tiere

Eine Woche Tiergestützte Kurzzeittherapie liegt hinter uns. Was für eine unglaublich intensive Woche. 

Wer hätte gedacht, dass das Mädchen das am Montag Nachmittag nur auf meinem Schoss und sehr sehr vorsichtig einem Meerschweinchen mit ganz viel Abstand gefüttert hat bereits am Samstag selbstbewusst zwischen zwei Hunden durch das Gelände spaziert. 

Wir nicht. 

Wir waren erstaunt, wir waren stolz. 

Und Nina war glücklich und ist über sich hinaus gewachsen. Jeden Tag wieder ein Stückchen mehr. Hat sich Sachen zugetraut und hat sich wohl gefühlt. Auf dem Gelände, mit den neuen Leuten, mit den Tieren. 

Die ganz vielen Tiere sind für uns ein Meilenstein. Ein sehr großer. 


Dienstag, 14. Juli 2020

Geburtstag wie Nichtgeburtstag

Nach der gesellschaftlichen Konvention gehört zu einem Geburtstag ein Kuchen, Geschenke, viele Leute die dem Geburtstagskind gratulieren, ein Ständchen bringen und vor allem muss das Geburtstagskind sich über all diese Dinge freuen uns sehr sehr aufgeregt sein. 

Was aber sagt man, wenn das Kind nicht versteht was es heißt Geburtstag zu haben, neuen Gegenständen skeptisch gegenüber steht, nichts auswickeln will, keine Süßigkeiten und keinen Kuchen isst und am liebsten alles so hat wie immer. Einen Tag wie jeden anderen eben auch. 

Es kommt einem vor wie Hohn, wenn man gefragt wird ob man denn was schönes macht und liest zum wiederholten Male, man solle ordentlich feiern.  ....

Ich selbst habe mich lange schwer damit getan von diesen Ritualen Abschied zu nehmen. Und wenn ich ehrlich bin, einige Rudimente schaffen es immer noch in Ninas Geburtstage einzuziehen. Von Kerzen, einer Girlande, Luftballons und einem uneingepackten Geschenk habe ich mich noch nicht verabschiedet.

Zwischendurch kommt dann auch immer Traurigkeit hoch und ich schiele rüber in die Welt in der es Schokoladen-Geburtstagskuchen, Geschenke zum auspacken und viele Gespräche mit dem Kind gibt , was es sich denn wünscht oder zum Geburtstag bekommen hat. 

Ist aber nicht. Wird es auch erst mal nicht geben. 

Also wieder mal ein bisschen traurig sein. Aber dann kam mir ein Gedanke.

Ich habe gestern viel an den Hutmacher und das weiße Kaninchen aus "Alice im Wunderland" denken müssen, wie sie mit Alice "Nicht-Geburtstag" feieren. 

Dieser Gedanke tröstet mich etwas. Wir machen es Nina einfach alle anderen Nicht-Geburtstage so schön, dass sie nie und nimmer einen Geburtstag vermisst - oder sagen wir eher das es mir irgendwann nicht mehr so schwer fällt mich endgültig davon zu verabschieden. Von dem wie es sein soll, weil alle es so machen. 

Einen fröhlichen Nicht-Geburtstagstag!!!!!!!!! 


Mittwoch, 1. Juli 2020

Arglos, unbedacht oder einfach nur rücksichtslos?

Das man mit einem Kind mit speziellen Bedürfnissen eine ganze Reihe Extras hat und im Alltag viel strukturieren muss, damit alles einigermaßen gut läuft ist uns, die wir mittendrin stecken, völlig klar. 

Was mich aber oft sprachlos macht, ist wie wenig andere nachdenken, arglos oder sogar rücksichtslos sind, wenn da Vorschläge, Nachfragen oder ähnliches kommen. 

Mir ist natürlich klar, dass das nie böse Absicht ist. Vieles spontan geschieht, gut gemeint ist und aus dem Bauch heraus gefragt wird. 

Problematisch für uns ist aber, dass z. B.  Spontanität uns vor echt Herausforderungen stellt. 

Auch ein Besuch über kurze Zeit mal so eben geht nicht. Für Regelfamilien ist das eine wunderbare Sache und total schön. 

Für uns nicht. Für Nina nicht.

Ich muss immer an die Geschichte von Perl Kingsley "Willkommen in Holland" denken. Klar ist es in Holland wunderschön, aber wenn man mit Italien-Familien zu tun hat, dann ist es oft schwierig über holländische Verhältnisse zu reden oder diese begreiflich zu machen.

Aber wie immer gilt auch hier: es gibt Ausnahmen. Es gibt die netten Familien sowohl im Freundeskreis als auch in der Familie die viel Verständnis haben und total tiefenentspannt sind, wenn man mit Sonderwünschen und Befindlichkeiten um die Ecke kommt. 

Das sind die Momente die ich sehr zu schätzen gelernt habe und wo ich mich dann auch fast komplett entspannen kann und in denen ich fast zu weinen anfangen muss, vor Dankbarkeit, weil wir dazu gehören dürfen, irgendwie.