Freitag, 29. September 2023

Vom Perspektivwechsel

 Knapp acht Monate sind seit meinem letzten online-Seminar vergangen und auch dieses Mal war ich vorher extrem aufgeregt. 

Vor Vorfreude und auch ein wenig vor Angst - kann ich da mithalten? Ich konnte. 

Im Seminar ging es um ein Spezialthema im Bereich der Unterstützen Kommunikation. 

Zwei Tage unfassbar viele Informationen. Toll aufbereitet und strukturiert. Viel Gruppenarbeit und toller Austausch. 

Am Ende der zwei Tage habe ich viele Ideen für meinen praktischen Alltag mit Nina, noch mehr Motivation, ein tolles Gefühl, weil sich dieser Themenbereich so richtig für mich anfühlt.

Als Zugabe ein Perspektivwechsel....jetzt bin ich nicht nur Angehöre, sondern ich konnte in einen fachlichen Austausch mit den anderen Seminar-Teilnehmern gehen und beide Ebenen betrachten.

So wertvoll. 

Freue mich auf die nächste Runde. 

Tausch Lärm gegen Zeit

 Weihnachten ist bei uns dieses Jahr schon im September. 

Nee, nee kein Baum oder Dekoration.

Wir haben Geld für uns ausgegeben und diese Anschaffung nimmt uns eine Pflicht im Alltag ab. 

Ein medizinisches Gerät, auf eigene Rechnung, dass die Inhaletten nicht nur desinfiziert sondern auch trocknet. 

Rein damit, anschalten und das war es. 

Kein Abpassen der Zeitraumes, wann ist das Gerät fertig und kann ich dann irgendwie zwischen die ganzen anderen Sachen das Abtrocknen schieben und vor allem geht das jetzt? Habe ich gerade genug Luft, ist Nina für die Zeit mal beschäftigt? Oder muss ich es doch erst abends machen, wenn sie schläft? Oder morgens wenn sie in der Schule ist? 

Ich darf nicht vergessen noch den "Vapo" zu machen ist sonst immer auf der täglichen To-Do-Liste gewesen. 

Mein Mann hat ausgerechnet, dass wir im Schnitt zwei Stunden in der Woche also ungefähr einhundert Stunden im Jahr mit dieser Tätigkeit zugebracht haben. 

Eine unfassbare Ansammlung an Stunden über die Jahre. 

Der einzige Nachteil des neuen Gerätes ist die Lautstärke beim Trockenvorgang. Es klingt als habe irgendwo jemand seinen Staubsauger länger auf Dauerbetrieb. 

Im Vergleich zu dem erleichternden Gedanken "ich muss keinen Vapo machen"  ein sehr kleiner Preis. 

Ich für mich alleine

Nicht immer schaffe ich es Nina sinnvoll zu beschäftigen, denn ab und zu muss ich ja auch noch den Haushalt erledigen. 

Die Langeweile die sie dann mal hat, findet mein Mann nicht schlimm. Sein Kredo "daraus entstehen dann Ideen" sagt er. 

Recht hat er. 

Leider macht Nina öfter mal "Schnick-schnack" und stellt Dinge an, die wir weniger schön finden. 

Dann aber gibt es auch so berührende Momente wie diesen hier: 

Nina sitzt im Wohnzimmer auf der Gymnastikmatte mit dem Fotobuch vom letzten Sommerulaub und ihrem Talker. 

Sie blättert das Buch durch und gibt ein was sie sieht "Papa" "da" "Nina" "da" "Mama" "da" - also wer auf den Bildern zu sehen ist, welche Kleidung wir auf den Bildern tragen, was diese Kleidung für Farben haben und und und. 

Sie ist sehr versunken und konzentriert und merkt gar nicht wie ich sie dabei beobachte. 

 Es ist so wundervoll, das mir ganz warm ums Herz wird. 

Haare offen

Längere Haare verlangen nach verschiedenen Frisuren. 

Ein Zopf mit und ohne Haarspangen, zwei Zöpfe, zwei Zöpfe geflochten, ein geflochtener Zopf oder doch die Haare offen? 

Erst einmal alle Varianten, mit Pictos oder Fotos,  auf den Talker bringen - und dann liegt er (verflixt noch eins) doch wieder in der Wohnküche. 

Also doch noch eine non-tec-Variante mit Bildübersicht  im Bad anbringen. 

Hin und wieder reicht dann aber ein einfacher ablehnender Laut, ein Arme verschränken und ein aus dem Raum laufen von Nina als deutliche Bekundung - heute möchte ich meine Haare offen haben. 

Botschaft deutlich angekommen mein Kind. 


Pflegehandschuhe

Das neue Schuljahr hat viele Veränderungen mit sich gebracht. 

Neuer Klassenraum, neue Lehrkräfte, neue Klassenkameraden. 

Die ersten Wochen sah es so aus, als würde Nina das alles locker wegstecken und als wäre alles gar kein Problem. 

Dann aber stellten wir bei Nina ein vermehrtes Stimming (="self-stimulation behavior") in Form eines übermäßigen Kneifens ihrer eigenen Hautfalten an beiden Händen fest. So stark das es permanent rot war und sich infolgedessen Hornhaut bildetet. 

Ich habe pfundweise eingecremt - ohne Erfolg. 

Jetzt bekommt sie zusätzlich zwei Mal am Tag (während des Inhalierens) nach der Creme noch Pflegehandschuhe angezogen, damit die Creme noch besser einziehen kann und die Creme nicht immer am Sofa oder der Kleidung abgewischt wird. 
Sie macht das erstaunlich gut mit. 

Zusätzlich hat es noch den Effekt das wir so üben Fingerhandschuhe anzuziehen.
 
Kann eventuell als Vorübung für den Winter  helfen.

Wir lassen uns überraschen.  

Umstellung auf Kapseln?

 Die letzte Jahreskontrolle in der Ambulanz war mit einer Ernährungsberatung gekoppelt. 

Essenstechnisch gibt es bei Nina ja kaum große Veränderungen, aber dennoch hat das dort geführte Gespräch mir noch einmal die Motivation gegeben, erneut zu versuchen, Nina beim Nutrini trinken auf Kapseln statt Granulat umzustellen. 

Ich bin mir nicht sicher woran es jetzt letztlich lag, dass es dieses Mal geklappt hat.

 Meine innere Einstellung plus Motivation von außen? Oder war es doch "nur" wieder der Frage der Weiterentwicklung von Nina? 

Keine Ahnung. Fragen kann ich sie ja nicht. 

Nur mich darüber freuen, dass es geklappt hat und das damit wieder eine kleine Sache wegfällt - auffülen der Kreon-Phiolen im großen Stil plus vermehrtes saugen der kleinen Kügelchen. 

Schön. :-)

überall Kreon Krümel

 Nina zu selbstständigen handeln zu bringen, ist eines unserer erstrebenswerten Ziele. 

Vor einiger Zeit hat sie sich von alleine hingesetzt - ohne Aufforderung von uns Eltern - und hat die kleinen Phiolen mit Kreon Granulat gefüllt. 

Feinmotorisch eine echt große Herausforderung. Das "Schäufelchen" ist winzig und die Öffnung der Phiolen auch nicht üppig. Da geht auch bei mir so manchmal der ein oder andere Krümel daneben. 

Nina sitzt sehr konzentriert und fokussiert da und ist fleißig dabei. Füllt alle Röhrchen auf - bis zur letzten.

Ich lobe überschwänglich und hole erst nachdem sie den Raum verlassen hat unseren Staubsauger um die vielen Krümel aufzusaugen. 

 


bestes Versteck

 Ich bin sehr stolz darauf, das Nina so oft im Haushalt mithelfen will. 

Alles rund herum um Wäsche hat es ihr besonders angetan. 

In die Maschine, anmachen, aufhängen, abnehmen, falten und wegräumen.

Großartig. 

So kommt es dann auch mal dazu, dass sie einen kompletten Wäschekorb alleine wegräumt. 

Prima. 

Aber dann suche ich den einen Tag meinen Bademantel. War frisch gewaschen und ich habe ihn ganz sicher im Wäschekorb gesehen. Wo verdammt noch mal ist er? 

Ich suche. Ich suche kreativ. Ich bitte meinen Mann um Hilfe. Wir suchen gemeinsam - und kreativ. Der Bademantel bleibt verschwunden. Merkwürdig, denn so ein Bademantel hat ja ordentlich Volumen. 

Nix zu machen.  Ist einfach nicht zu finden. 

Einige Tage später finde ich ihn. Er liegt säuberlich gefaltet im Klappmülleimer im Schlafzimmer. 

Es sind diese Momente, in denen ich zu gerne in ihren Kopf schauen möchte - denn ich bin mir sicher es gab da irgendeine, für sie logische, Handlungskette. 

In jedem Fall bleibt es ein nette kleine Geschichte. 

Fotosüchtig

 Nina liebt es Fotos von sich zu betrachten. 

Sehr ausgiebig, intensiv und regelmäßig. 

Am liebsten von sich selbst, aber auch von ihren Mitschülern, Bezugspersonen und Therapeuten. 

Dann sitzt sie in ihrer Freizeit mit dem Tablet da, hört Musik und schaut sich mit Wonne diese Fotos an. 

In den letzten Wochen ist das ganze noch einmal explodiert. 

Sie zieht eine Schnute, zeigt auf das Handy von Mama oder Papa, nimmt sich ihren Talker und sagt "Foto". 

Ganz klar. Jetzt möchte sie ein Foto von sich.

 In der Bahn, im Supermarkt, beim Abendessen, vor, während und nach dem Inhalieren, im Flur der Logopädie oder im Fahrstuhl im Einkaufszentrum. In der Schule natürlich auch. 

Unmittelbar nach dem fotografieren, will sie das Ergebnis betrachten und dann soll es fix auf das "Tablet" - sie hat ganz genau verstanden, das wir ihr das schicken können. 

Genial. 

Die Kehrseite der Medaille ist, das wir unsererseits nun nicht mal mehr ein Dokument ablichten können oder uns fremde Fotos ansehen können, ohne dass der kleine Fotojunkie DAS nun auch haben möchte. 

Aber bisher ist ein verbales "Nein, das bekommst du nicht" ausreichend gewesen. 

Uff.