Dienstag, 11. Juli 2023

kleine Änderung, große Wirkung

 Seit einem halben Jahr übt Nina "anfassen" und "nicht anfassen" in einer Art erweitertem Sozialtraining  während der Autismustherapie und natürlich in häuslichem Umfeld. 

Was im Übungsraum der Ambulanz und in ruhigen Situationen mittlerweile sehr gut klappt, wird im Alltag unterwegs in Hektik zu einer ziemlichen Zerreißprobe. 

Mittlerweile weiß Nina was von ihr erwartet wird - aber beim Einkauf, Spaziergang oder einfach draußen sind da zu viele Verlockungen und zu viele für sie interessante Momente / Personen die man antippen oder anfassen kann und möchte. 

Diese Verhaltensweise können wir nicht aussitzen und abwarten bis sie von alleine wieder verschwindet. Ein schimpfen und lautes "Nein" meinerseits hat in der letzten Zeit eher zu einem von Nina wiederholtem "Nein" unter kichern geführt. 

Nicht mehr mit ihr rausgehen, keine Lösung. 

Sie einfach lassen geht nicht. 

Immer schneller sein als Nina - schöne Vorstellung...aber nein. 

Wir machen die Probe aufs Exempel und die Autismus-Therapeutin geht in einer Stunde mit uns gemeinsam spazieren und auf einen Spielplatz. 

Gespannt was geschehen wird gehen wir los - und Nina verhält sich mustergültig. 

Absolut niemand wird angetippt. 

Eine kleine Änderung mit großer Wirkung. 

Aber auch die Erkenntnis, das Nina scheinbar eine Reaktion provoziert und zwar das laute "Nein" unsererseits und die Aufmerksamkeit nach ihrer Aktion. Es muss sehr attraktiv für sie sein, dieses unerwünschte Verhalten. 

Wir beschließen mit positiver Bestärkung zu arbeiten um ihr damit die Aufmerksamkeit und Reaktion zu geben. 

Ich bin gespannt wie sich das anlässt - aber es ist in jedem Fall ein neuer Ansatz und hoffentlich ein Schritt in die richtige Richtung. 

vom Treffen mit Schulfreunden

 Letzte Herbstferien haben wir mal Ninas Klassenkameraden in seinen vier Wänden besucht. 

In der Schule mögen die zwei sich sehr. 

Dieses Treffen ist aber nicht gut gelaufen. 

Hmm, nein das ist noch zu harmlos ausgedrückt. Es war ein gefühltes Desaster. 

In der Schule ist Nina sehr an ihm interessiert.                                                                                            Bei ihm zu Hause hat sie ihn nicht einmal angeschaut.                                                                            Mehr noch, sie sass bei mir auf dem Schoss hielt sich Augen und Ohren zu und nach gut 1 1/2 h haben wir das ganze abgebrochen und sind wieder nach Hause gefahren. 

Die Verabredung außerhalb der Schule hätte niederschwelliger  sein dürfen.                                          Hatte ich mir auch so überlegt - nur leider war das nicht so richtig im Kopf der Mutter von Ninas Klassenkameraden angekommen.                                                                                                                 Sie hatte noch eine andere Familie eingeladen und Essen gekocht, als ob wir eine große Feier zusammen geplant hatten. 

Alles zu viel. 

Vor kurzem ein neuer Versuch mit einem anderen Schulfreund meiner Tochter. 

Wieder in den Ferien - aber dieses Mal draußen.

Wir sind zusammen spazieren gegangen und waren auf einem Spielplatz. Nach kurzer Irritation am Anfang hatten die beiden Kinder Kontakt und sich so gerne wie auch in der Schule. 

Sehr schön. 

Das wiederholen wir bald einmal. 

Wer hat alles....???

 Ninas Talker ist nicht nur extrem hilfreiche in vielen alltäglichen Situationen, nein in der letzten Zeit trägt er enorm dazu bei Nina zur Quasselstrippe zu machen. 

Sie checkt ab ob jedes Mitglied ihrer Peer-Group: 

  • eine Brille trägt
  • eine Hose anhat
  • inhalieren muss
  • auch einen Talker hat
  • ins Bett muss
  • Wochenende hat
  • zu Hause ist
  • ein T-Shirt trägt
  • eine Uhr umhat
  • Haare hat
  • sich die Finger- und Fußnägel schneiden muss
  • mit ins Schwimmbad kommt
  • lernt
  • spielt



Bei jedem "Nein xy muss nicht / hat nicht / kommt nicht mit" wird gekichert. Wenn alle Personen geprüft worden wird noch ein letztes Mal auf die Ausgabetaste gedrückt und sie hört sich die Zusammenfassung ihrer Abfrage an. Das kann schon mal eine Weile dauern bis es wieder ruhig ist. 
Mich stört das nicht. Ich muss grinsen und freue mich über unser kleines "Plappermaul". 

auf Klassenfahrt

 Monatelang haben wir darüber geredet. 

Dann war er da.  Der Tag der Abfahrt zur Klassenfahrt. 

Während Ninas Papa dem Gelingen einer Übernachtung eine 50 % Chance einräumte, schmiedete ich mit der Schulbegleitung Plan B und war extrem aufgeregt. 

Was soll ich sagen.....

Es ist alles anders gekommen. 

Nina hat drei Nächte wo anderes geschlafen. Am Stück und zum ersten Mal. 

Damit hat sie nicht nur uns als Eltern überrascht sondern auch ihre Schulbegleitung, ihre Lehrerinnen und ja unser komplettes Umfeld. 

Wir sind verblüfft, ein bisschen sprachlos aber vor allem : extrem stolz. 



Plötzlich viel Zeit

 19 Monate haben wir jetzt am Stück mit einem Antibiotikum zusätzlich inhaliert. 

Also 19 Monate zwei Mal am Tag zwei Runden inhalieren plus Trampolin hopsen und Pusteübungen. 

Eine Menge Zeit, die da mal so geplant werden muss. 

Sportlich besonders zur Schulzeit, wenn das zack-zack morgens vor dem Eintreffen des Schulbusses absolviert werden will. 

Schafft man und es gehört dann, wie so vieles, irgendwann zur Routine. 

Dann kommt der Tag und man hat die letzte Dosis vernebelt und steht beim nächsten Durchgang plötzlich  da und ....hmm schon fertig....ok....Blick auf die Uhr....jetzt ist noch Zeit. 

Nachmittags / Abends kein Thema, da findet sich noch anderes zu tun. 

Morgens aber ist mit einem Mal Zeit "übrig" - und ich habe keine Lust sooo lange auf das Eintreffen des Schulbusses zu warten. 

Also den Trödelmodus einschalten. Gar nicht so einfach. 

Da kann ich mir von Nina sicher noch den einen oder anderen Trick abschauen. 

Unter die Brille geklemmt

 Es war eine sehr kreative Lösung und ich wäre definitiv nie auf die Idee gekommen, das überhaupt zu versuchen. 

Nina aber denkt nicht "das geht so nicht" sondern probiert einfach mal. 

So klemmt sie in der letzten Zeit die Maske des Pari-Boys beim Inhalieren  superlässig unter ihre Brille. 

Das hält so sicher, dass sie freihändig inhalieren kann. Wirklich!!!! 

Möglicherweise ist natürlich das neue Brillenmodell dafür verantwortlich das es so funktioniert. 

Ich bin nach wie vor erstaunt und Nina hat während des  Inhalierens Zeit um vor Freude mit den Händen zu wedeln. 


Bye Papa

 Jeden Abend bringen wir Nina abwechselnd ins Bett. 

Nie weiß man was einen erwartet. 

Das eine Mal schläft sie schnell ein, dann wieder dauert es Ewigkeiten und wir Erwachsenen brauchen viel Geduld oder schlafen je nach Tagesform vor unserem Kind neben ihr ein. 

Darüber hinaus gibt es die Male in denen man felsenfest glaubt, Nina schläft und sich leise hinausschleichen will und kurz bevor man hinausgeht....nun da sitzt sie kerzengerade im Bett und möchte das man sich erneut neben sie legt. 

Aber dann gab es diesen einen Abend, der ein rotes Kreuz im Kalender wert ist. 

Der Abend an dem Ninas Papa fast raus war aus dem Kinderzimmer, Nina es bemerkt und ganz lässig im Halbschlaf "Bye Papa" sagt, sich wieder umdreht und weiterschläft. 

Wow. 

Nina warm

 Zwei kleine Wörter kommen aus dem Mund unserer Tochter: "Nina warm". 

Klingt simpel? Nein. 

Denn als ich diese beiden Wörter aufnehme und erwiedere:"Dir ist warm? Dann kannst du das lange Oberteil ausziehen und dir ein T-Shirt anziehen." 

Sie schaut mich an, versteht und macht genau das. Nina tauscht ihr Oberteil.

Aber es ist mehr als dass: sie hat ein Adjektiv identifiziert - auf sich bezogen. Ihr ist warm. 

Das hat sie mit mir kommuniziert und ist in die korrekte Handlung gekommen. 

Einfach toll.